Hof FYLGJA
Heilpädagogisches Arbeiten mit Pferden/
Heilpädagogisches Reiten




Feministische Mädchenarbeit
mit Pferden





Ziele und Inhalte unserer Mädchenarbeit mit Pferden


Unserer Meinung nach bietet uns das Pferd als 'Ver - Mittler' zwischen den zwei Prinzipien, den männlichen und den weiblichen Aspekten des Lebens, die Möglichkeit, den Mädchen eine 'Gleichwertigkeit' dieser beiden Aspekte zu vermitteln und hier einen Ausgleich zu schaffen. Dies ist die Zielperspektive unseres Projektes.
Wesentlich ist in unseren Seminaren die Gruppenarbeit und die sich daraus ergebenden Methoden. Daneben arbeiten wir neben dem Reiten mit verschiedenen Medien und Materialien, die es den Mädchen ermöglichen, sich kreativ auszudrücken. Folgende Aspekte sind uns bei unserer Arbeit besonders wichtig :


1. Körpererleben und Lebenslust

Wir sehen das Reiten in diesem Zusammenhang nicht unter dem Gesichtspunkt der Leistung und des Vergleiches, sondern unter dem des Körpererlebens auf dem Pferd. Uns geht es hierbei zB. um Rhythmus spüren, sich der Bewegung spielerisch anpassen und sich tragen lassen.
Damit sich die Mädchen auf dem Pferd ganz auf sich selbst konzentrieren können, muß ein Maximum an Sicherheit vorhanden sein, deshalb führt das andere Mädchen das Pferd der Reiterin bei diesen Übungen und übernimmt ausdrücklich die Verantwortung für das Pferd, zusätzlich können die Praktikantinnen bei Bedarf noch sichernd mitgehen.
Jedes Mädchen trägt dabei bewusst auch für sich selbst die Verantwortung. Wenn sie merkt, daß es ihr zuviel wird, hört sie auf.
Damit sich die Mädchen innerlich auf diese Erfahrungen einlassen können, muß die Atmosphäre locker und entspannt sein. Es müssen Übungen sein, die für sie neu, aber machbar sind und die sie reizen, sich auszuprobieren.
Es muß genügend Zeit sein, in Ruhe alles auszuprobieren. Dies kann auch die Pferde bis an ihre Grenzen fordern, sie müssen dementsprechend dafür ausgesucht werden.


2. Führung, Durchsetzungsvermögen, Selbstbewußtsein

Der Umgang mit Pferden erfordert Mut und Selbstbewußtsein, das Pferd zu führen und sich ihm gegenüber durchzusetzen.
Die meisten Mädchen, die bisher an unseren Seminaren teilgenommen haben, hatten große Schwierigkeiten, sich angemessen der Situation dem Pferd gegenüber zu verhalten, vor allem wenn ihr Durchsetzungsvermögen und ihr Wille gefragt waren. Die Führung für ein Pferd zu übernehmen, bedeutet für die Mädchen, sich selbstbewußt zu entscheiden, was sie mit dem Pferd tun wollen und dies dann auch ggfls. gegen den Willen des Pferdes durchzusetzen und das Pferd davon zu überzeugen, daß es das 'Richtige' mitmacht.
Wenn dies in kleinen Teilen gelingt, und sei es nur, daß das Pferd an der Stelle linksherum geht, wo das Mädchen es möchte, oder den Huf gibt, den das Mädchen auskratzen will, so bedeutet dies für sie einen großen Schritt hin zu mehr Selbstvertrauen und einem Bewußtsein für ihre Stärke und Durchsetzungskraft.
Die Ausbildung und der Charakter der Pferde muß daher so fein sein, daß sie auf kleinste Signale der Mädchen reagieren und diese umsetzen können. Alle Pferde, die für diese Arbeit eingesetzt werden, müssen die Menschen als Leittiere akzeptiert haben !
Die Mädchen sollen sich ohne 'Bedrohung' ausprobieren können. Wir erklären Mimik und Gestik der Pferde und erzählen von ihren Gewohnheiten, um den Mädchen die Angst zu nehmen und die Pferde für die Mädchen 'berechenbarer' zu machen, damit sie jederzeit ihre Situation einschätzen lernen können, um danach zu handeln.
Oberstes Gebot ist hierbei : der Mensch ist das Leittier immer und ohne Ausnahmen und das Durchsetzen beginnt im ganz Kleinen, zB. wenn das Pferd den Huf nicht geben will, oder trotz Aufforderung nicht herumgeht.
Folgerichtig lernen die Mädchen erst mit dem Pferd vom Boden aus zu arbeiten und die Rangordnung zu klären, erst dann steigen sie auf.
Nicht zuletzt wollen wir den Mädchen vermitteln, daß es Spaß machen kann, sich (mit einem Pferd) zu streiten !


3. Grenzerfahrungen, -erweiterungen

Das Risiko, den Boden unter den Füßen zu verlieren und sich auf den Umgang mit dem großen Lebewesen Pferd einzulassen - das kostet Mut.
Uns kommt es hierbei vor allem darauf an, dies die Mädchen bewußt erleben und entscheiden zu lassen, ihnen immer wieder vor Augen zu halten, daß sie es selbst in der Hand haben, den nächsten Schritt zu wagen oder es lieber zu lassen und ihr eigenes 'Tempo' zu finden.
Unbedingte Voraussetzungen für solche Arbeit ist eine sehr gute Zusammenarbeit zwischen dem Pferd und mir als Reitpädagogin.
Methodisch bedeutet dies kleine Schritte ins Wagnis 'Reiten' und den Umgang mit dem Pferd, z.B. erst Führen, dann Reiten, oder erst den gehaltenen Huf auskratzen, dann selbst halten und auskratzen.
Dazu gehört auch, immer wieder die Möglichkeit zu bieten, sich dafür oder auch dagegen zu entscheiden, etwas Neues auszuprobieren.
Deshalb ist es unsere Aufgabe, Schutzräume zu bieten, in denen Grenzen bewußt erlebt und akzeptiert werden können, z.B. in der Ovalbahn oder im RoundPen unter der Anleitung der Reitpädagogin traben oder galoppieren zu lernen.


4. Gemeinschaft, Solidarität, Freundschaften erleben

In ausschließlicher Gemeinschaft mit Mädchen und Frauen Umgang mit Pferden zu haben, ist für die meisten Seminarteilnehmerinnen, die ihre Reit- und sonstigen Pferdeerfahrungen in ´patriarchalen´ Reitställen mit Männern als Reitlehrern, Privatpferdebesitzern, etc. gesammelt haben, völlig neu und wird von den meisten als sehr positiv empfunden.
Wir arbeiten ganz bewußt mit einer Gruppe von Mädchen und einer Gruppe von Pferden. Über das Gruppen- /Herdenverhalten der Pferde, z.B. Rangordnung beim Fressen, Drohen, Spielen und Toben, Beschützen und Bewachen der 'rangniedrigeren' durch die 'ranghöheren' Pferde, etc. kommen wir mit den Mädchen ins Gespräch.
Über das Beobachten und Vergleichen können sie ihre Rolle in der Gruppe, in Freundschaften und in der Familie reflektieren, z.B. indem sie als 'Rangniedrige' in der Herkunftsfamilie sich in der Mädchengruppe eher als 'ranghöher' erleben, können sie neue Erfahrungen sammeln.
Für die meisten Mädchen ist es leichter im Schutz der Gruppe neue Erfahrungen zu machen. Die Gruppe unterstützt dabei die Einzelne.


5. Einheit Mensch - Tier, Naturbezug, Achtung voreinander
und vor dem Tier, Verantwortung für das Tier

Wir alle verleben in diesen Seminaren den größten Teil der Zeit zusammen – im Stall und draußen in der Natur. Auf dem Hof leben neben den Pferden noch andere Tiere, zB. unsere Hündinnen.
Mädchen suchen und finden relativ schnell über den Umgang mit dem Pferd Bezug zur Natur. Gerne übernehmen viele von ihnen die Pflege und Versorgung der Pferde, denn sie ist ihnen manchmal wichtiger als das Reiten selbst.
Die Mädchen sollen die Tiere möglichst vom morgendlichen bis abendlichen Füttern erleben, beim Misten und im sonstigen Umgang mit ihnen und beim Reiten.
Je zwei Mädchen übernehmen mit unserer Unterstützung die Verantwortung für den Zeitraum des Seminars für 'ihr' Pferd, d. h. achten darauf, daß ihr Pferd genug zu trinken und zu fressen hat, daß kleine Wunden versorgt werden, etc.
Das Putzen dient als Kontaktaufnahme, nicht als 'Säuberungsakt', die Mädchen werden aufgefordert, zu beobachten, wo und was dem Pferd angenehm oder unangenehm oder kitzelig ist.
Und schließlich gehen wir möglichst viel mit den Mädchen und den Pferden ins Gelände; es ermöglicht eher, daß die Mädchen sich mit dem Pferd als Teil der Natur erleben können.


6. Reflexion der eigenen Rolle als Mädchen

"Hottehü war von Anfang an dick und es sah anders aus, als die anderen... Er hatte einen ziemlich kleinen Körper, der dazu noch dick war... Er probierte abzunehmen, aber es gelang ihm nicht. Seine Eltern waren sehr angesehene Pferde. Sie waren nie stolz auf ihn. Nach ihrer Meinung machte er alles falsch... Als die anderen schon schliefen, dachte er daran, irgendetwas zu machen, damit seine Eltern stolz auf ihn sein konnten..." Antje, 13 Jahre
In den Vorstellungen der Mädchen, wie Pferde am liebsten leben würden oder wie sie leben müssen, spiegelt sich oft ihre eigene Geschichte, versteckte Träume und Wünsche, aber auch manchmal massive Ängste. Über diese Projektionen und ihr behutsames Bewußtmachen entdecken die Mädchen ihre eigene Rolle und ihre Lebenssituation neu und/oder anders, als sie sich bisher wahrgenommen haben. Methodisch geben wir diesem Aspekt eine besondere Bedeutung.
Die Mädchen bekommen die Aufgabe, zu Beginn des Seminars sich aus der Herde zwei Pferde herauszusuchen : das Pferd das sie am tollsten, schönsten, etc. finden, und das, das sie häßlich finden oder vor dem sie Angst haben. In einer gemeinsamen Auswertung stellen die Mädchen fest, daß dasselbe Pferd für zwei Mädchen etwas völlig anderes bedeuten kann. Sie verstehen den Zusammenhang zwischen ihren Einschätzungen des Pferdes und ihren eigenen Eigenschaften.
Wir ermutigen sie in diesem Gespräch, zu ihren eigenen positiven Eigenschaften zu stehen und sie hervorzuheben, was ihr Selbstwertgefühl stärkt.
Wir ermutigen die Mädchen auch, Negatives zu benennen, z.B. ein Pferd 'häßlich', 'faul' oder 'falsch' zu finden. Wichtig ist uns, den Mädchen einen 'wertfreien' Raum für ihre Phantasien und Projektionen zu geben und ihnen durch unseren eigenen bewußten Umgang mit Kritik, Erlaubnis zu geben, 'Negatives' zu äußern und damit ernstgenommen zu werden.
Wir arbeiten mit den Mädchen mit verschiedenen Materialien zu diesem Thema, indem wir Bilder malen, Geschichten schreiben und mit Ton arbeiten.

Unser Angebot und die
Rahmenbedingungen unserer Arbeit...

Wir bieten interessierten Mädchengruppen / -institutionen die Möglichkeit in Kooperation mit uns Mädchenpferdeseminare, -freizeiten zu veranstalten – je nach Absprache, von einem Schnuppertag bis zu einer mehrtägigen Ferienfreizeit.
Es können max. 12 Mädchen an einem Mädchenpferdeseminar teilnehmen.
Wir vom Hof arbeiten in einem Team, bestehend je nach Gruppengröße aus drei bis sechs Frauen. Die Leitung hat die Reittherapeutin Anne Christoph. Sie wird unterstützt von zwei bis fünf Praktikantinnen, die mit den Pferden und dem Ablauf auf dem Hof vertraut sind.
Uns stehen fünfzehn Pferde zur Verfügung, davon zwölf Islandpferde und drei Highlandponies. Sie leben in zwei Herden ( Stuten und Wallache getrennt ) im Offenstall mit angrenzender Weide.
Acht von ihnen arbeiten als Reitpferde mit, daneben gibt es drei ‚Rentnerinnen', drei Jungpferde und eine blinde Stute, die nicht mitarbeitet.
Es gibt einen Reitplatz und einen RoundPen, sowie direkt an den Hof angrenzendes unbegrenztes Ausreitgelände.
Das Hofteam gestaltet mit den Mädchen den Tag von 10.00 Uhr bis ca. 17.00 Uhr mit zwei Pferdeeinheiten. Den Rest der Zeit verbringen die Mädchen mit ihren Betreuerinnen.
Die Gruppen können bei uns auf der Obstbaumwiese zelten und müssen sich selbst versorgen.
Ihnen steht ein Badezimmer, sowie ein Aufenthaltsraum, ein Gasherd, ein Kühlschrank und eine Spüle zur Verfügung.

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